Es kam, wie ich es befürchtet hatte. Am gestrigen Nachmittag habe ich wieder mit dem Finder der vier Hörnchen telefoniert. Es laufe alles prima, den Hörnchen gehe es gut. Er wolle den Hausflur zu einer Voliere umbauen für die Tiere und auswildern könne er sie auch alleine. Hm. Gewisse Tendenzen, sich von den Tieren nicht mehr trennen zu wollen, waren nicht zu überhören. Sämtliche Bemühungen, den Herrn davon zu überzeugen, dass bei der Aufzucht nach wie vor viel schief gehen könne und auch dass eine Auswilderung mitten im Ort nicht sinnvoll ist, blieben leider vergebens. Am Abend dann allerdings wurde meine Hilfe doch benötigt: Auf einmal ging es einem der Hörnchen sehr schlecht. Nach der letzten Fütterung habe es sich nicht mehr richtig gerührt, habe nichts mehr trinken wollen und sich nicht mehr bewegt. Alarmglocken!! Die Finder haben nach einem kurzen und deutlichen Telefonat den Ernst der Lage nun doch auch erkannt und die Hörnchen kurzerhand zu mir gebracht. Leider zu spät für einen von den Vieren, der bereits tot war, als die Finder bei mir eintrafen. Die anderen drei Geschwister-Hörnchen waren auch in keinem guten Zustand: viel zu leicht für ihr Alter und mit erheblichem Flüssigkeitsmangel, das Fell stumpf, die Augen glasig und Harnaufstau gefühlt bis unter die Nasenspitze. Zwei fingen sofort an, an meinen Fingern zu knabbern und saugen. Hier war klar: Wir haben Hunger und Durst! Nachdem alle drei zum Pinkeln animiert wurden (die Kleinen können das noch nicht alleine – auch das hatte der Finder trotz Hinweis nicht berücksichtigt), gab es was zu futtern/trinken. Das Männchen, 63 Gram schwer, hat sogleich gierig getrunken, er konnte gar nicht genug bekommen. Wir haben ihn – seines guten Appetits wegen – Gusto getauft. Das eine Weibchen, 62 Gramm schwer, hat auch brav getrunken und anschließend ausgiebig an meinen Fingern genagt – wir gaben ihr den Namen Mamba. Das zweite Weibchen, 57 Gramm schwer, aber hat uns große Sorgen bereitet. Sie wollte nichts trinken und war auch nicht richtig wach zu bekommen. Ihre Atmung ging schnell und schwer und es waren knatternde, rasselnde Atemgeräusche zu hören. Eindeutig: Hier muss schnell was passieren, sonst überlebt sie die Nacht möglicherweise nicht. Wir tauften sie Glöckchen. Also haben wir alle drei Schützlinge eingepackt und sind zu meiner Hörnchen-Kollegin gefahren – die Fachfrau für kranke Hörnchen. Glöckchen hat Antibiotikum bekommen und Flüssigkeit und hat damit die Nacht überstanden. Überm Berg ist sie aber noch nicht. Vermutlich haben das verstorbene Hörnchen und Glöckchen bei der letzten Fütterung Nahrung eingeatmet. Das passiert schnell, kennt man sich nicht gut mit kleinen Hörnchen aus. Sie trinken teils gierig und hastig – und passt man nicht auf, füttert zu schnell oder mit der falschen Konsistenz kann es schon passiert sein: Dann atmen die Kleinen die Milch ein. Entweder direkt oder aber sie erbrechen die Milch zunächst und atmen sie dann ein. Beides schlimm. Die Milch greift in kürzester Zeit das Lungengewebe an, es entsteht eine Lungenentzündung, die Lunge läuft mit Wasser voll (was die rasselnden und knatternden Atemgeräusche verursacht) und schließlich stirbt das Hörnchen: es erstickt, weil die Lunge ihren Aufgaben nicht mehr nachkommen kann. Glöckchen hatte noch Glück – sie hat es immerhin bis zu mir und meiner Kollegin geschafft. Hoffen wir und drücken wir die Daumen, dass das Antibiotikum und die andere Medizin, die sie jetzt bekommt, gut helfen! Zumindest hat sie die vergangene Nacht überstanden und heute auch ein bisschen Milch getrunken, das ist ein gutes Zeichen. Mamba und Gusto erholen sich derweil in schnellem Tempo. Gut, dass wenigstens für Gusto, Mamba und Glöckchen noch nicht jede Hilfe zu spät kam!